„Vorsicht Wagerl!“ – Haftung bei Zusammenstoß im Supermarkt

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Grafik Rechtsschutz

Was ist passiert:
Frau M. will am Nachmittag des Karfreitags noch schnell Besorgungen für Ostern im Supermarkt erledigen. Sie gustiert gerade bei der Wurstabteilung, als sich von hinten im Schritttempo eine Mitarbeiterin des Supermarktes mit einem Warentransportwagen nähert. Frau M. plaudert mit ihrem Mann und sieht die Mitarbeiterin nicht. In dieser Sekunde tritt Frau M. nach hinten.

Die Mitarbeiterin sagt noch „Achtung“, wird aber nicht wahrgenommen und der Wagen fährt Frau M. auf. Sie zieht sich Verletzungen im Bereich der Achillessehne zu. Im Supermarkt befinden sich zu diesem Zeitpunkt viele Kunden. 

Frau M. möchte nun Schmerzengeld, Heilungskosten, Verdienstentgang und Sachschaden ersetzt haben.

Der Supermarkt-Betreiber entgegnet, dass die Mitarbeiterin den Anstoß gar nicht verhindern konnte, weil die Klägerin unmittelbar vor den Wagen getreten ist und überhaupt nicht auf ihre Umgebung geachtet hat.

So hat der OGH entschieden:
Vom Besucher eines Kaufhauses kann grundsätzlich verlangt werden, dass er aufpasst, wo er hin tritt. Daher hat auch die Klägerin vor dem Setzen des Schrittes vom Regal weg ihre Umgebung zu beobachten, um einen Zusammenstoß zu verhindern. Dies umso mehr als es sich um einen stark frequentierten Supermarkt handelt und man damit rechnen muss, dass auch Einkaufswägen und Transportwägen geschoben werden.  

Allerdings meint der OGH, ist es in Supermärkten auch üblich, dass es zu unvorsichtigen Bewegungen und Richtungsänderungen der Kunden kommt, sodass auch die Mitarbeiter des Supermarktes eine erhöhte Sorgfaltspflicht beim Schieben von Transportwägen haben, zB durch langsameres Fahren, allfälliges Stehenbleiben und Einhaltung eines ausreichenden Sicherheitsabstandes. Auch ein Rufen „Achtung!“ oder „Vorsicht!“ befreit nicht automatisch von der Haftung, da dies auch von der betroffenen Person wahrgenommen werden muss. 

Ergebnis: Der Mitarbeiterin fällt somit die Einhaltung sowohl eines zu geringen Sicherheitsabstandes als auch eines dafür zu hohen Gehtempos zur Last. Demgegenüber steht das Mitverschulden der Verletzten wegen ihrer Unaufmerksamkeit. Wie hoch das Mitverschulden ist, kann noch nicht beurteilt werden.

Hier kommt es auch darauf an, ob sich die Mitarbeiterin nun tatsächlich „laut bemerkbar“ gemacht hat. Das konnte nämlich nicht festgestellt werden und muss jetzt von den Vorinstanzen neu geprüft werden..