Niemand muss sich ungewollt fotografieren lassen

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Grafik Rechtsschutz

Was ist passiert?
 
Frau P. erwirbt beim beklagten Kfz-Händler einen Neuwagen in der Farbe Schwarz, nachdem sie 4 Jahre davor auch schon das gleiche Modell erworben hat.
 
Schon nach ca 2 Wochen treten auf dem schwarzen Lack des Fahrzeuges weißliche Verfärbungen (Ätzungen) auf, die sich nicht mehr entfernen lassen. Es handelt sich um Vogelkot. Obwohl die Klägerin derartige Verschmutzungen nicht eintrocknen lässt, sondern immer sofort entfernt und den Wagen regelmäßig reinigt, bleiben diese Flecken bestehen.
 
Anmerkung: Seit dem Jahr 2010 werden nach der einschlägigen ÖNORM aus Gründen des Umweltschutzes nur noch lösungsmittelfreie Fahrzeuglacke in geringerer Schichtstärke verwendet, die weniger widerstandsfähig gegen Umwelteinflüsse sind als die früher verwendeten.
 
Die weißen Flecken auf dem Fahrzeug führen – wenn sie nicht professionell saniert werden – innerhalb weniger Jahre zur Durchrostung und insgesamt zu einer kürzeren Nutzungsdauer.
 
Der beklagte Händler lehnt eine Sanierung des Wagens ab.
 
Frau P. klagt auf Wandlung (Rückzahlung des Kaufpreises gegen Rückgabe des Fahrzeuges) wegen erheblichen Sachmangels bzw. wegen Irrtums.
 
Das Erstgericht gibt der Klägerin überwiegend Recht. Der Verkäufer hätte die Kundin über die verringerte Umweltbeständigkeit des Lacks aufklären müssen.
 
Das Berufungsgericht ist anderer Meinung: Die Klägerin hat mit technischen Änderungen der Modellreihe wegen Umweltschutzvorgaben rechnen müssen. Der Lack entspricht der ÖNORM, damit ist keine Aufklärungspflicht verletzt worden.
 
Die Klage wird abgewiesen und Frau P. wendet sich an den Obersten Gerichtshof.
 
So hat der OGH entschieden:
 
Der OGH ändert die Entscheidung des Berufungsgerichts ab und verpflichtet den Kfz-Händler zur Rückzahlung des Kaufpreises Zug um Zug gegen Rückgabe des Fahrzeuges. Davon abgezogen werden 12.000 gefahrene Kilometer als ungekürzter Gebrauchsvorteil der Klägerin Frau P.
 
Als Begründung führt das Höchstgericht Folgendes an:
Ein Neufahrzeug, dessen Lack schon nach 2 Wochen trotz sorgsamer Pflege unvermeidlich durch alltägliche Umwelteinflüsse Schäden erleidet, die innerhalb weniger Jahre zu Roststellen führen, erfüllt nicht die gewöhnlich vorausgesetzten Eigenschaften.
 
Wegen der Auswirkungen auf die Nutzungsdauer ist dieser Mangel nicht als geringfügig anzusehen. Er berechtigt zur Rückabwicklung des Kaufvertrages.
 
Frau P. muss sich allerdings den erzielten Gebrauchsvorteil bis zum Schluss der Verhandlung erster Instanz anrechnen lassen, da sie das Fahrzeug weiterhin benutzt hat.